Degenesis: Sporenfelder

Fünf Asteroiden schlugen 2073 in Europa ein, gruben sich in die Erde ein und brachten den Primer mit. Rund um die Kraterränder erblühte das Leben – auf eine absonderlich verdrehte Art, gespeist durch die Sporen aus dem All. Pilze bedeckten den Boden in kreisrunden Ringen um den Krater herum, ihre unterirdischen Myzele verbanden sie wie Adern mit dem Asteroiden, aus dem sie entsprungen waren.
Erbarmungslos entzogen sie der Erde ihre Kraft, saugten Nährstoffe und Leben aus ihr heraus, bis nichts mehr übrig war. Dann zerplatzen sie in einer Wolke aus Sporen, die vom Wind in die Welt hinaus getragen wurden. Die Pilze verdorrten, die Erde sackte zusammen, der Ring zerfiel – und an seinem Rand erblühte neues Leben, die Pilze wuchsen, ein neuer Ring entstand.

So, wie ein Stein, den man ins Wasser wirft, breiteten sich Ringe aus Pilzen um die Einschlagstellen der Asteroid herum aus. Die Pilze saugten das Leben aus der Erde und verbreiteten ihre eigene Saat. Unaufhörlich breiten sie sich seitdem aus. Ihr Ursprung ist der Primer, außerirdisches Leben, gefangen in den Asteroiden und nun freigesetzt auf der Erde. Der Pilz wurde von den Menschen „Fäulnis“ getauft.

Muttersporenfelder

Die Ringe um die Krater herum werden Muttersporenfelder genannt. Sie dehnen sich über mehrere Kilometer aus, sind von der Fäulnis überzogen und erzeugen magnetische Anomalien. Kein Mensch kann in Ihnen überleben.

Burn und die Saat

So lange die Pilze noch nicht verdorrt sind, tragen sie Lila gefärbte Knospen. Diese Knospen sind fest und lassen sich pflücken. In ihrem Inneren tragen sie die Saat des Primers. Öffnet man die Knospen und atmet die Sporen ein, beginnt eine Reise jenseits der menschlichen Wahrnehmung. Die Welt erscheint in einem psychedelischen Meer aus bunten Farben, Ängste und Sorgen vergehen zur Bedeutungslosigkeit, Gefühle und Emotionen in ihrer reinsten Form überwältigen den Verstand. Kälte wird erträglich, Hunger hat keine Bedeutung mehr. Der Primer hat einen weiteren Menschen in seinen Bann gezogen. Seine Droge heißt „Burn“.

Werden die Sporen eingeatmet, brennen sie sich in den menschlichen Körper ein, fressen sich mit ihren Wurzeln durch den Organismus. Kreisförmige Ausschläge breiten sich auf der Haut der Infizierten aus. Mit der Zeit verändert der Ausschlag sein Aussehen, bildet ein charakteristisches Zeichen – ein Symbol seiner Herkunft – aus.

Die Fäulnis breitet sich in ihm aus, auch wenn die Wirkung der Droge schon längst verklungen ist. Irgendwann fängt er an Flocken zu husten und Schleim zu spucken – die Saat weiter zu verbreiten. Dort, wo er schläft, breitet sich die Fäulnis weiter aus, nimmt Land und Gebäude in ihren Besitz. Der Mensch ist zu einem Leperos geworden, nur Feuer kann seine Seele noch retten.

Epigenese

Atmet ein Mensch die Sporen der Fäulnis ein, beginnt sein körperlicher Zerfall. Doch gelangt die Saat in den Körper einer schwangeren Frau, verändert sie das ungeborene Kind. Das, was sich dann seinen Weg aus dem Mutterleib bahnt, ist kein Mensch mehr. Diese Kinder werden Entseelte, Absonderliche oder Psychonauten genannt. Von den Menschen werden diese Kinder verachtet und gehasst, gefürchtet oder verehrt, beschützt oder getötet.

Jedes dieser Kinder ist einzigartig, jedes dieser Kinder hat eine besondere Fähigkeit, jedes dieser Kinder ist ein Homo Degenesis.

Balkhan: Dushan

Der Gesang der Dushani raubt den Menschen ihren freien Willen. Der Klang ihrer Töne versetzt Berge und Wälder in Schwingungen, breitet sich als Wellen in den Flüssen und Seen aus.
Die Dushani gleiten durch die Bergbäche des Balkhans, umgeben von Kraken, Quallen und Krebsen.

Franka: Pheromantik

Auf den Körpern der Psychonauten Frankas wachsen Drüsen, aus denen Pheromone als süßlicher Nektar quillt. Niemand – weder Mensch noch Tier – kann ihrer Anziehungskraft widerstehen. Insekten saugen das Sekret begierig auf und tragen es in die Welt hinaus.
Ameisen, Wespen und Termiten umschwärmen die Pheromantiker.

Hybrispania: Prägnostik

Die Psychonauten aus Hybrispania sind in der Lage in die Zukunft zu sehen. Sie existieren gleichzeitig in Vergangenheit und Zukunft. Von den Menschen werden sie für ihre Gabe gleichermaßen gefürchtet, wie verehrt. Die Prägnoktiker leben in den Bergseen Hybrispanias und an der Atlantikküste.
Sie umgeben sich mit Muscheln, Seesternen, Seeigeln, Ammoniten und Trilobiten.

Pollen: Biokinese

Die Körper der Psychonauten aus der Tundra Pollens sind mit Knochenschilden gepanzert, die sich unter ihrer Haut bilden. Knöcherne Sporne sprießen aus ihnen hervor und machen sie zu mörderischen Kriegern. Wunden, die man ihnen zufügt, heilen rasend schnell, verletzte Organe werden innerhalb weniger Tage durch bessere Versionen ersetzt.
Spinnen, Skorpione und Hundertfüßler sind ihre ständigen Begleiter.

Purgare: Psychokinese

Die Psychokineten aus Pugare konzentrieren Energie in ihrem Körper und setzen sie in alles verbrennden Entladungen frei. Selbst das Licht beugt sich um diese Psychonauten herum, Steine erheben sich vom Boden, zersplittern und rasen als tödliche Wolke auf ihre Freinde zu.
Egelschärme, Mosquitos, Zecken, Flöhe und Bandwürmer suchen auf ihren Befehl hin Dörfer und Menschen heim.

Die Erdenchakren

Psychonauten, die ihre Kraft benutzen, bringen die Welt um sich herum zum Erzittern. Symbole zeichnen sich in der aufgewühlten Erde ab. Jedes dieser Symbole ist einer ganz speziellen Kraft zugeordnet und entspricht einem Energieknoten des menschlichen Körpers – von einigen Kulturen des Urvolks „Chakra“ genannt.

Nach dem Glauben des Urvolks reihen sich sieben Energieknoten – Chakras – in einem Menschen entlang der Körpermitte an. Damit ein Mensch glücklich und gesund sein kann, müssen alle Chakras ausgeglichen sein. Doch bei den Psychonauten überstrahlt die Kraft eines einzelnen Knotens alle anderen, alle anderen sind bei ihm verkümmert. Welche Kraft ein Psychonaut besitzt hängt davon ab, welches Chakra bei ihm aktiv ist.

Balkhan: Usud

Die Erde um den Krater auf dem Balkhan herum bebt und vibriert in einem melodischen Rhythmus. Der Klang dringt in den Verstand der Menschen ein, lässt Gedanken verblassen und zurück bleiben nur noch die einfachsten Emotionen. Schon bald darauf füllen neue Ideen den Kopf der Menschen, gebene ihnen eine neue Bestimmung, geleitet vom Willen der Dushani.

Franka: Souffrance

In Franka ist der Asteroid im Zentralmassiv eingeschlagen. Aus dem Krater ergießt sich der Pheromon-Nektar, umspült Menschen und Tiere und gliedert sie in ein gemeinsames Kollektiv ein. Nirgendwo leben Homo Degenesis und Mensch enger beieinander. Die Kehrseite ist, dass der Mensch zum Sklaven des Homo Degenesis verkommen ist, gleichgestellt mit einem Schwarm Bienen, die nur existieren, um ihrer Königin zu dienen.

Hybrispania: Mirar

Der Krater von Hybrispania liegt verborgen in einer Zeitverwerfung. Vereint in einem einzigen Verstand beobachten tausenden Augen jeden Teil des Landes. Tausende Seelen sind verbunden zu einem Geist unendlicher Weisheit. Wer es wagt, nach Mirar – dem Inneren des Kraters – vorzudringen, wird das Geheimnis von Anfang und Ende erkennen.

Pollen: Pandora

In Pollen befindet sich der größte der fünf Einschlagkrater. In ihm gedeiht das Leben in seiner reinsten Form – wenn auch nicht unbedingt das irdische. Die Umgebung ist fruchtbar und der Westwind trägt unaufhörlich Sporen nach Osten. Dort ist die Erde bis zum Horizont von Sporenfeldern bedeckt. – Und der Menschheit bleibt nur zu hoffen, dass Wind niemals dreht.

Purgare: Nox

Nox – der Krater in Pugare – liegt in tiefer Dunkelheit verborgen. Kraftfelder verzerren den Raum wie einen Spiegel, fangen das Licht und halten es fest. In ewiger Nacht wachsen kristalline Stacheln aus dem Boden und breiten sich langsam immer weiter aus.

Africa: Psychovoren

Im Gegensatz zu Euro schlug in Afrika kein Asteroid ein. Doch auch dort veränderte sich das Leben. Ein Regen aus Dreck, Gestein und Pflanzenresten ging auf dem Kontinent nieder, vermischt mit den Samen aus dem All. In Zentralafrika breitete sich ein Wald aus. Seine Bäume waren mit kristallinen Dornen besetzt. Ihre Blätter folgten einer strengen Geometrie. Glasige Früchte hingen an den Zweigen und zersplitterten in Scherben, wenn sie herunter fielen.
Heute sind diese fremdartigen Pflanzen unter dem Namen Psychovoren bekannt.

Diskordanz

Dort, wo die Sporen der Fäulnis und die Pflanzen der Psychovoren aufeinander treffen, löschen sie sich gegenseitig aus. Die Pilze vergehen und die Pflanzen verrotten. Übrig bleibt nur eine verfaulte stinkende Masse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Ich habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen und stimme zu, dass meine Angaben zur Kontaktaufnahme und für Rückfragen dauerhaft gespeichert werden.